Berufseinstieg ohne Umwege - Diese 5 Tipps ersparen dir jede Menge Frust
- Stanislaw Frik

- 30. Sept.
- 6 Min. Lesezeit

Was Berufseinsteiger über den ersten Job wissen sollten, bevor es ernst wird
Der Moment auf den du so lange hingearbeitet hast, ist endlich gekommen. Der erste richtige Job nach dem Abitur, der Ausbildung oder dem Studium. Plötzlich geht alles ganz schnell. Es gibt neue Gesichter, unbekannte Regeln und hohe Erwartungen. Irgendwie merkst du, dass es sich doch nicht so anfühlt, wie es dir ständig erzählt wurde. Es fühlt sich an, als wärst du auf einer Party, zu der du irgendwie nicht so richtig eingeladen wurdest. Die Wahrheit ist, der Einstieg ins Berufsleben ist kein Sprint, sondern ein Navigieren durch ein neues System mit ungeschriebenen Regeln, impliziten Erwartungen und verdeckten Machtverhältnissen. Damit du dich nicht allein durchkämpfen musst, gebe ich dir meine fünf Tipps, die ich gerne zum Berufseinstieg gewusst hätte.
1.Tipp: Netzwerk aufbauen statt abwarten, deine Leistung braucht eine Bühne
Für mich stand die Arbeit stets im Vordergrund, sei es in meiner Werkstudententätigkeit oder in meinem Job. Ich war der Meinung, dass meine Arbeit für sich sprechen würde und jeder sehen würde, was ich leiste. Rückblickend finde ich es ganz amüsant, dass ich dachte, ich sei unersetzbar und der Laden würde zusammenbrechen, wenn ich weggehe.
Leider nein, denn in vielen Unternehmen reicht Fleiß allein nicht aus, um wahrgenommen, gefördert oder eingeladen zu werden. Wer lediglich seine Aufgaben erledigt, ohne sich zu vernetzen, wird leicht übersehen und läuft Gefahr, ersetzt zu werden, ganz unabhängig von der Qualität seiner Arbeit.
Deine fachliche Kompetenz ist wichtig, aber sie entfaltet erst dann ihre Wirkung, wenn andere sie erkennen, verstehen und weitergeben. Genau hier kommt Netzwerken ins Spiel. Es geht nicht darum, sich einzuschleimen oder zu taktieren, sondern darum, Verbindungen und Beziehungen aufzubauen, die sowohl deine Arbeit als auch dich als Person sichtbar machen.
Leistung ist Voraussetzung, Sichtbarkeit ist die Entscheidung.
Zeig Initiative und geh aktiv auf Kollegen zu z. B. beim Mittagessen, bei der Kaffeemaschine oder nach Meetings. Warte nicht darauf, angesprochen zu werden.
Nimm an Teamlunches, Kaffeerunden oder Afterworks teil, auch wenn’s Überwindung kostet. Für mich ist bis heute jedes Mal eine Überwindung auf die Weihnachtsfeier zu gehen.
Vernetze dich auf LinkedIn mit Kollegen, kommentiere interne Beiträge oder teile interessante Inhalte im Intranet.
Biete proaktiv Unterstützung an („Wenn du mal Hilfe brauchst…“). So baust du Vertrauen auf, ohne dich aufzudrängen.
Ehrlich & authentisch bleiben, zeige echtes Interesse an deinem Gegenüber, nicht nur an Funktionen oder damit du deinem Ziel näher kommst.
2.Tipp: Werde Experte für ein Thema, das gebraucht wird
Du musst nicht alles können. Wenn du aber eine Sache richtig gut kannst, bringst du dich schnell auf die Agenda bei den Kollegen. Sei es Digitalisierung, Projektmanagement oder datengetriebenes HR. Finde deine Nische!
Beobachte, wo es in deinem Umfeld knirscht. Gibt es ein Thema, das immer wieder aufploppt, aber niemand so richtig anpackt? Genau da liegt deine Chance.
Fang klein an, aber fang an. Lies Artikel, hör Podcasts, folge Experten auf LinkedIn. 20 Minuten am Tag machen dich in wenigen Monaten zum Mitredenden.
Wende dein Wissen sofort praktisch an. Baue Mini-Projekte im Team, biete dich für kleine Teilaufgaben an. Der beste Lernort ist der echte Unternehmensalltag und wo Lösungen gebraucht werden.
Teile deine Erkenntnisse. Sei es in der Kaffeeküche, im Jour Fixe oder auf LinkedIn, zeig das du dran bist.
Bleib dran, auch wenn du (noch) nicht Experte genannt wirst. Sichtbarkeit braucht Zeit, aber Kompetenz zeigt sich oft schon in den ersten Meetings.
3. Tipp: Sei du selbst “be the only…”
Gerade am Anfang willst du dazugehören und auf keinen Fall negativ auffallen. Du beobachtest, wie andere sprechen, sich kleiden und was „gut ankommt“. Plötzlich beginnst du, dich zu verbiegen. Du willst endlich einen Job, damit dich kein Personaler mit einem Mindset aus den 80ern auf die Lücke in deinem Lebenslauf reduziert.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie oft ich nicht wusste, wie ich mich „richtig” verhalten sollte und wie sehr ich mich gefragt habe, wie der echte Stani wohl bei den anderen ankommt. Heute weiß ich, dass die Leute es ganz gut mit mir aushalten 😅 Ich habe für mich mitgenommen, dass ich mich nicht verbiegen muss, sondern ich selbst sein darf.
Verbiege dich nicht zu einer Version, von der du denkst, dass sie gewünscht ist. Sei du selbst mit deinem Stil, deinen Fragen, deinen Ideen und deinen Ecken..
Zeige Haltung, auch in kleinen Momenten. Sag ruhig, wenn du etwas anders siehst, respektvoll, aber klar. Das kann schon in Meetings oder bei Abstimmungen beginnen.
Sprich über deine Werte. Wenn du z. B. Teamzusammenhalt oder Fairness wichtig findest, sprich es aus. So wissen andere, wofür du stehst.
Es ist auch in Ordnung „Ich weiß es nicht“ oder „Ich bin unsicher“ zu sagen. Das zeigt Stärke, nicht Schwäche. Es nimmt Dir auch den Druck aus den Segeln.
Pflege Rituale, die dich bei dir bleiben lassen. Ein kurzes Journaling am Feierabend, ein ehrliches Check-in mit dir selbst oder ein Spaziergang in der Mittagspause. Kleine Dinge helfen dir, dich nicht zu verlieren.
Fragen zur Selbstreflexion
Fühle ich mich gerade echt oder funktioniere ich nur?
Passe ich mich an, um gemocht zu werden oder weil ich überzeugt bin?
Welche Werte sind mir wichtig und lebe ich sie sichtbar im Alltag?
In welchen Momenten fühle ich mich bei der Arbeit am meisten wie ich selbst?
Wo verstelle ich mich (noch) und was kostet mich das auf Dauer?
4. Tipp: Verstehe das Spiel hinter dem Spiel
Wer entscheidet hier eigentlich wirklich? Wer hat Einfluss, auch ohne formale Rolle? Offizielle Organigramme erzählen nur die halbe Wahrheit. Gerade in größeren Organisationen ähnelt das Machtgefüge oft einem Schachbrett. Nicht nur Könige und Damen entscheiden über den Spielverlauf, auch Springer, Türme und Bauern können das Spiel lenken, wenn sie richtig positioniert sind..
Wer spricht und wer wird gehört? Nicht jede Stimme hat das gleiche Gewicht.
Wer wird gefragt, bevor Entscheidungen fallen, auch wenn er oder sie nichts entscheidet? Einfluss zeigt sich oft im Hintergrund.
Wer sitzt bei Besprechungen mit am Tisch ohne formale Rolle, aber mit Wirkung?
Diese Menschen sind oft gut vernetzte „Springer“ im System.
Wenn du dich gerade fühlst, als wärst du mitten in einer Netflix-Serie mit versteckten Allianzen, plötzlichen Wendungen und undurchsichtigen Machtverhältnissen, dann kann ich dich beruhigen - Mir geht es genauso.
Was von außen wie klare Hierarchien aussieht, erweist sich von innen oft als komplexes Geflecht aus Einfluss, Beziehungen und Bauchgefühl.
5. Tipp: Karrierewege sind keine Einbahnstraße
Nicht jeder Job ist für immer und nicht jeder Einstieg führt direkt zum Traumjob. Das merkt man oft erst, wenn man mittendrin steckt. Manchmal ist es der mutigste Schritt, nicht durchzuhalten, sondern ehrlich hinzuschauen, loszulassen und neu anzufangen.
Dieses japanische Sprichwort ist mir im Gedächtnis geblieben.
“Je später du den falschen Zug verlässt, desto teurer wird die Rückfahrt”
Ich bin manche Strecken mitgefahren, obwohl ich längst wusste, dass sie nicht zu meinem Ziel führen. Rückblickend hätte ich manche Jobs früher beenden sollen. Nicht, weil sie schlecht waren, sondern weil ich nicht mehr ich selbst war. Was mich zurückhielt? Die Angst vor der Lücke im Lebenslauf. Die Sorge, was ein zukünftiger Arbeitgeber darüber denkt und die leise Stimme im Kopf, die flüstert „Reiß dich zusammen, das ziehst du durch.“
Heute weiß ich, du darfst weiterziehen. Nicht, weil du gescheitert bist, sondern weil du verstanden hast, was du brauchst und wer du bist.
Unterscheide zwischen „unangenehm“ und „unpassend“
Jeder Job hat Phasen, die nerven, aber wenn du dauerhaft gegen deine Werte arbeitest, deine Stärken nicht einsetzen kannst oder dich innerlich entfernst, dann ist es vielleicht mehr als nur eine schlechte Woche.
Hol dir eine zweite Meinung, aber nicht von jedem
Such gezielt ein Gespräch mit jemandem, der dich gut kennt und deine berufliche Entwicklung einschätzen kann. Nicht mit der gesamten Familiengruppe bei WhatsApp.
Mir hat es geholfen mit Personen zu sprechen, die zu meiner Person und meinem Berufsalltag distanzierter waren, damit konnte vermieden werden, dass das Gespräch emotional beeinflusst wird.
Schreib dir deine Erkenntnisse auf
Warum willst du gehen? Was brauchst du stattdessen? Was soll beim nächsten Mal anders sein? So triffst du keine impulsiven Entscheidungen, sondern gut begründete.
Plane deinen Absprung bewusst und mit Haltung
Geh nicht „einfach so“. Sondern mit einem klaren Plan, sauberem Abgang und einem echten Danke für das, was du gelernt hast, auch wenn es dich Kraft gekostet hat. Es kann sein, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt eine erneute Arbeitsbeziehung ergibt.
Du musst nicht alles wissen, aber du darfst alles fragen.
Der Einstieg ins Berufsleben fühlt sich oft wie ein Sprung ins kalte Wasser an. Man möchte alles richtig machen, nicht auffallen, aber dennoch gesehen werden. Wenn ich heute zurückblicke, dann nicht mit Reue, sondern mit einem klaren Blick und einem Lächeln. Denn all die Unsicherheiten, Zweifel und vermeintlichen Fehlentscheidungen waren Teil des Lernprozesses und haben mich dorthin gebracht, wo ich heute bin. Wenn du gerade am Anfang stehst oder jemanden begleitest, der dort steht, dann nimm diese fünf Impulse mit. Sie sind vielleicht nicht perfekt, aber sie sind ehrlich, und vielleicht helfen sie dir, schneller anzukommen oder klarer zu gehen.



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